RE: [LEXIKON] - FRAUEN --- 25.01.2021, 01:59
LEBEN & RECHTE
- Frauen galten vor allem in der Mittelschicht, als das schwache Geschlecht.
- Frauen konnten in der Mittelschicht ohne Sorgen um Geld und Arbeit, sich auf ihre Rolle als Mutter und Ehefrau konzentrieren. Dies wurde auch von ihnen erwartet.
- Verheiratete Frauen unterstanden ihrem Ehemann. Ohne seine Erlaubnis durfte eine Ehefrau keinen Beruf ergreifen, keine Geschäfte tätigen, keinen Besitz erwerben oder Kredite aufnehmen.
- Verheiratete Frauen hatten ihren Ehemännern zu folgen und zu gehorchen. Sie hatten selten das Gesetz auf ihrer Seite und nahm ein Mann von seinen Rechten gebrauch, wie das Züchtigen einer widerspenstigen Ehefrau, hatte sie so gut wie keinen Spielraum sich dagegen zu wehren. Scheidungen waren zwar damals schon an der Tagesordnung, aber bei den meist sehr christlichen Menschen galt es noch immer als Schande.
- Das Leben der Frauen im Westen des 19. Jahrhunderts unterschied sich komplett vom Leben ihrer Zeitgenossinnen im Osten. Während im Osten der jeweilige Stand der Gesellschaft, in die eine Frau hineingeboren wurde, bestimmte, was man tun durfte oder nicht, brachen die Frauen im Westen mit diesen Regeln. Sie erlebten täglich so viel Neues und mussten täglich mit neuen, schweren Situationen klar kommen, dass sie mit ihrer alten Rolle als Frau komplett brachen, um in einer Gegend zu überleben, die Flexibilität erforderte.
- Die Frauen der Siedler, die bis Mitte des 19. Jahrhunderts in den Westen Amerikas vordrangen, erschufen so ein neues Frauenbild. Ihr oftmals zivilisiertes Leben mit Hausangestellten oder zumindest einem greifbaren Arzt und dichter Besiedelung wurde bei den langen Zügen in den Westen komplett auf den Kopf gestellt. Nicht nur, dass sie auf einmal mitten in der Wildnis ihre Kinder gebären mussten, und Dinge wie kochen und Wäsche waschen erschwert wurden, sie mussten auch Aufgaben übernehmen, die normalerweise Männerarbeit gewesen wäre: reiten, einen Wagen lenken, Vieh treiben und sogar Kälber mit Lassos einfangen.
- Und am Ziel angekommen, war die harte Arbeit noch längst nicht am Ende. Unwegsames Land musste bestellt werden, Luxus war für eine lange Zeit nicht möglich, einfachste Dinge wie Seife oder Kleidung mussten entbehrt werden. Die gebauten Häuser waren einfache Verschläge, oft ohne Türen und Fenster. Manche nutzten auch ihren Planwagen weiterhin als Heim. Holzhütten gab es nur in Gebieten mit einem nahen Wald.
- Viele Frauen erduldeten das harte Leben nicht und kehrten zurück in den belebten Osten. Doch den Frauen, die blieben, eröffnete sich eine ganz neue Welt – eine freiere Welt. Rodeo reiten, schießen oder Glücksspiel war nicht mehr etwas anrüchiges oder etwas, das sich die Frauen im Westen verbieten ließen. Das klassische Rollenbild von Mann und Frau funktionierte im Weste nicht mehr. Ganz automatisch entwickelte sich aus diesem veränderten Lebensbild eine stärkere, selbstbewusstere und unabhängigere Frau, die erfahren durfte, dass sie auch ganz gut ohne einen Mann zurecht kam und zu Dingen in der Lage war, die man an der Ostküste oder in Europa nie für möglich gehalten hätte.
- So war es im Westen nicht unüblich, dass eine Frau, wenn sie damit ihr Überleben oder das ihrer Kinder sichern konnte, mehrmals nach dem Tod eines Ehemanns wieder heiratete. Oder gar bei der Jagd mithalf, wenn sie des Schießens mächtig war und damit für ausreichend Essen auf dem Tisch sorgen konnte. Frauen, die hervorragende Schützinnen waren, durften sogar an Wettschießen teilnehmen. Es war Frauen sogar möglich als Scouts für die US Army zu arbeiten. Freudenmädchen hatten im Westen die Möglichkeit zu heiraten und ehrbare Ehefrauen und Mütter zu werden.
- Uneheliche Kinder waren genauso wenig eine Schande, wie die Freigabe dieser Kinder zur Adoption. Keine Frau ließ sich deswegen in eine ungewollte Ehe zwingen, wie es möglicherweise im Osten von der Gesellschaft erwartet worden wäre.
- Zwar dominierte im Westen die raue Männerwelt, aber das lag eher daran, dass der Frauenanteil Mitte des 19. Jahrhunderts sehr gering war. Frauen waren damals sehr begehrt und leider Mangelware. Männer suchten häufig per Heiratsannonce eine Ehefrau und bezahlte ihr sogar das Ticket. Und da Frauen dadurch einen hohen Stellenwert bei den Männern hatten, verhielten sie sich in der Gegenwart von Frauen wie echte Gentlemans. Auch ein Cowboy, der mehrere Monate keine Frau zu Gesicht bekommen hatte, behandelte eine Frau mit Respekt. So hart sie waren, so waren die Männer des Westens doch wahre Kavaliere. Sie fackelten auch nicht lange mit jemanden, der sich nicht an den Umgangston hielt und eine Frau belästigte. Unter Umständen bezahlte es der Mann sogar mit seinem Leben. Und dabei spielte es keine Rolle, ob er eine Frau von höherem Stand anpöbelte oder sich einem Freudenmädchen gegenüber falsch verhielt. Freudenmädchen, die von einem Freier nicht bezahlt werden konnten, erhielten ihr Geld z.B. von den Arbeitskollegen des Mannes, die für sie zusammengelegt hatten. Manch Prostituierte konnte sich jedoch ganz gut selbst schützen, weil sie eine geübte Schützin war und im Strumpfband eine Pistole stecken hatte oder in speziellen Halftern. Vor allem Männer die vorhatten die Frauen um ihr Geld zu betrügen lebten gefährlich.
- Die Gesellschaftsschichten der Frauen im Westen waren dabei recht überschaubar. Es gab die Pioniersfrau, die als Farmerin ein entbehrungsreiches Leben führte, die brave Bürgersfrau, die jeden Sonntag in die Kirche ging und bei der sich die Männer besonders respektvoll verhielten und jene „leichte“ Mädchen, die sich mit Cowboys und Goldsuchern abgaben. Sie arbeiteten häufig in Saloons und verdienten sich ihren Unterhalt als Sängerinnen, Tänzerinnen und Prostituierte. Und zur guter Letzt die Flintenweiber, die mit Banditen durch den Westen zogen und sogar selber an Raubzügen beteiligt waren.
Doch diese neu gewählten Rollen war meist nicht einem gewissen Individualismus zu zuschreiben, sondern viel mehr der Notwendigkeit in einer Gegend zu überleben, wo es keine Richtlinien, keinerlei Zwang, keine Gesellschaftsordnung, keine Anleitungen der Regierung zum Überleben und zum Reichwerden gab. Unterschiede in Geschlecht und Klasse wurden manchmal sogar als Luxus angesehen.
- In Wyoming hatten im Jahr 1869 Frauen bereits das Wahlrecht. Und die ersten 11 Staaten, die die Gleichberechtigung der Frau etablierten, lagen alle im Westen.
Quellen:
http://www.wilder-westen-web.de/fr-vor.htm
http://www.geschichtsforum.de/f74/das-ra...sten-5371/